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Die Telefonberatung der BZgA hilft bei Sorgen rund um Alkohol

Seit rund 30 Jahren nimmt Heike Roß-Helmig in der Telefonberatung der BZgA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) die Anrufe entgegen. Sie hört genau zu, berät und unterstützt bei allen Sorgen rund um das Thema Alkohol. Im Interview erzählt sie, wie unterschiedlich die Anliegen der Anrufer sind und wie die Telefonberatung Ratsuchenden weiterhilft.

Frau Roß-Helmig, was ist die Aufgabe der Telefonberatung der BZgA?

Wir beantworten in erster Linie Fragen zum gesundheitlich verantwortlichen Alkoholkonsum: Wann ist die Menge, die ich oder eine andere Person trinken, noch „im Limit“? Was kann ich tun, um weniger zu trinken? Außerdem beraten wir bei Suchtproblemen und geben den Anrufenden bei Bedarf Adressen von Beratungsstellen, an die sie sich wenden können.

Ist der Anruf tatsächlich anonym?

Ja, die Rufnummern der Anrufer sieht man nicht. Die Anrufer teilen auch nur das mit, was sie möchten. Niemand muss seinen Namen nennen. Wenn jemand die Adresse einer Beratungsstelle vor Ort wünscht, brauchen wir natürlich die Angabe des Wohnorts.

Welche Fragen zum Trinkverhalten werden Ihnen gestellt?

Obwohl die Kampagne „Alkohol? Kenn dein Limit.“ klar definiert, welche Trinkmengen gesundheitlich zu verantworten sind, brauchen doch viele noch eine persönliche Rückversicherung. So kann es vorkommen, dass ein Anrufer fragt, ob er mit einem halben Liter Wein täglich schon seiner Gesundheit schadet. Wir erklären ihm dann, dass er mit dieser regelmäßig zu hohen Alkoholmenge auf Dauer unter anderem seine Leber schädigen kann. Außerdem besteht das Risiko, dass er in Problemsituationen oder Lebenskrisen noch mehr trinkt und sich daraus eine Alkoholsucht entwickeln kann.

Was raten Sie jemandem, der seinen Alkoholkonsum reduzieren möchte?

Wir gehen auf die individuelle Situation und die Möglichkeiten der Person ein. Vielleicht nutzt jemand Alkohol gewohnheitsmäßig als Durstlöscher. Er könnte alkoholfreie Getränke ausprobieren und kommt dabei vielleicht auf den „promillefreien“ Geschmack. Weintrinker könnten ihren Wein mit Sprudel verdünnen und auf Schorle umsteigen. Wenn es sehr schwerfällt, sich von festen Trinkgewohnheiten zu verabschieden, kann eventuell ein Verzicht für einige Wochen helfen, um Distanz zu schaffen und damit die Chance zur Verhaltensänderung zu erhöhen.

Hat sich seit Beginn der Corona-Pandemie etwas verändert?

Tatsächlich hat sich die Sucht- und Missbrauchsproblematik bei vielen Betroffenen aufgrund der verschlechterten Lebensbedingungen verstärkt. Auch die Belastung der Angehörigen im Zuge von Kontaktbeschränkungen und Isolation hat zugenommen.

Rufen auch Eltern an?

Ja. Dann geht es um Erziehungsfragen. Beispielsweise ob es auf der Party zum 16. Geburtstag Alkohol geben darf. Wir raten den Eltern dann, keinen Alkohol zu erlauben, wenn auch unter 16-Jährige kommen. Manchmal rufen besorgte Eltern an, weil der Sohn oder die Tochter das erste Mal völlig betrunken nach Hause kam. Wenn sich herstellt, dass das Kind ansonsten in der Schule und in seiner sozialen Entwicklung keine Probleme hat, müssen sich die Eltern wegen einem einmaligen „Über-die-Stränge-Schlagen“ keine großen Gedanken machen. Ein Gespräch mit dem Kind über die schädigende Wirkung von Alkohol reicht zunächst aus. Anders ist es, wenn das Kind öfter betrunken nach Hause kommt und vielleicht noch andere Auffälligkeiten zeigt. Dann rate ich zum Besuch einer Erziehungsberatungsstelle.

Wie lange dauert ein Gespräch? Gibt es eine Zeitbegrenzung?

Nein, es gibt kein Limit für unsere Gespräche. Sie können so kurz oder lang sein, wie der Anrufer es wünscht. Aber erfahrungsgemäß ist nach einer Stunde die Grenze der Aufnahmefähigkeit erreicht. Danach sollte man so ein Gespräch erst mal verarbeiten.

Wann reicht ein Telefongespräch nicht mehr aus, um zu helfen? Wann empfehlen Sie den Kontakt zu einer Suchtberatungsstelle?

Oft geben Konfliktsituationen den Anstoß, uns anzurufen: Ärger am Arbeitsplatz, mit Lebenspartnern oder ein Führerscheinentzug. Wir klären dann mit den Anrufenden ab, wie hoch ihr Alkoholkonsum ist. Wenn sich erste Anzeichen einer Alkoholabhängigkeit andeuten oder bereits eine Alkoholsucht erkennbar ist, raten wir zum Besuch einer Beratungsstelle. Wir nennen dann Adressen am Wohnort, an die sie sich wenden können.

Werden Sie auch von besorgten Angehörigen angerufen?

Ja, sehr oft. Meist sind es Frauen, die wegen ihrer Männer oder Söhne anrufen. In den letzten Jahren rufen verstärkt Erwachsene wegen ihrer Eltern an. Es gibt immer mehr Senioren mit Alkoholproblemen.

Was raten Sie Angehörigen?

Natürlich sprechen wir zunächst einmal ausführlich mit der Person, die uns anruft. Oftmals sind gerade weibliche Angehörige sehr verunsichert, weil der Betroffene sein Alkoholproblem meist von sich weist. Ich frage dann die durchschnittlich getrunkene Alkoholmenge ab, um festzustellen, ob eine Alkoholabhängigkeit oder ein Alkoholmissbrauch vorliegt. Dann spreche ich mit der Anruferin alle Möglichkeiten durch, die sich ihr bieten: Beispielsweise wie sie mit ihrem Partner über das Thema reden kann, wie sie sich besser abgrenzen und für sich sorgen kann. Auch für Angehörige gibt es Beratungsstellen. Den Willen, mit dem Trinken aufzuhören, muss der Betroffene jedoch selbst aufbringen. Das kann ihm niemand abnehmen.

Kann man die BZgA-Telefonberatung auch mehrfach anrufen?

Ja, sicher, wenn nach dem ersten Gespräch noch Fragen offen sind oder wenn Anrufende nochmals eine Ermutigung brauchen, um zu einer Beratungsstelle zu gehen. Die Telefonberatung der BZgA kann nämlich weder eine persönliche Angehörigenberatung noch die Ambulante Beratung oder Therapie ersetzen.

Kann man Sie anrufen, um sich einfach nur auszusprechen?

Auch das, natürlich. Insbesondere Angehörige brauchen manchmal jemanden, der ihnen zuhört.

Wann war ein Gespräch für Sie ein gutes Gespräch?

Wenn ich es gemeinsam mit dem Anrufer bzw. der Anruferin geschafft habe, ein Problem-Chaos zu entwirren und einen gangbaren Weg zu entwickeln. Wenn jemand danach sagt: „Das hat mir geholfen. Ich habe jetzt eine Idee, wie es weitergehen kann.“

Was möchten Sie denen sagen, die noch zögern, die Telefonberatung anzurufen?

Mein Rat: Vertrauen Sie Ihrem Gefühl! Egal, ob in Hinblick auf den eigenen Alkoholkonsum oder den eines Mitmenschen: Wenn Ihnen etwas seltsam vorkommt, sollten sie dieses Gefühl nicht unterdrücken, sondern etwas unternehmen. Ein Anruf bei uns ist anonym, er tut nicht weh, er schadet nicht. Vielleicht entdecken Sie sogar, dass es gar keinen Grund zur Sorge gibt.

Das BZgA-Infotelefon zur Suchtvorbeugung

 Rufnummer: 0221 89 20 31
(Preis für Gespräche in das Kölner Ortsnetz)
Beratungszeiten:
Montag bis Donnerstag von 10 bis 22 Uhr
Freitag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr